Beim Anblick eines Babys haben wir unwillkürlich das Bedürfnis, es zärtlich zu berühren. Damit handeln wir instinktiv richtig. Die Sehnsucht nach zärtlicher Berührung gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Für unsere gesunde Entwicklung ist liebevoller Körperkontakt ebenso wichtig wie Nahrung. Manche Menschen, die als Kinder nicht ausreichend gestreichelt wurden, leiden ihr ganzes Leben darunter. Sie sind labiler und haben häufiger soziale Probleme.
200 Jahre ist es her, da soll Friedrich der Große zu wissenschaftlichen Zwecken ein grausames Experiment durchgeführt haben. Es wird berichtet, dass der preußische König wissen wollte, welche Sprache Kinder erlernen, wenn niemand ihnen ihre Muttersprache beibringt. Zu diesem Zweck habe man verwaiste Säuglinge in einem Krankenhaus einquartiert. Sie wurden gefüttert, gewickelt und medizinisch versorgt. Allerdings erhielten sie keine Form der Zuwendung. Niemand sprach mit ihnen, schenkte ihnen ein Lächeln, spielte mit ihnen oder berührte sie zärtlich. Das Ergebnis dieser „Studien“. Die Kinder erkrankten, verkümmerten geistig und starben.
So grausam dieses Experiment auch war, es bestätigt: Zum Leben brauchen wir Zärtlichkeit, Körperkontakt, liebevolle Berührung.
Berührungen heilen
Wissenschaftler haben das Pänomen „Zärtlichkeit“ untersucht. Millionen kleinster Nervenzellen liegen an unserer Hautoberfläche. Sie warten auf sanfte Berührungen, um unserem Gehirn zu signalisieren: Da ist jemand, der es gut mit dir meint, dem du vertrauen kannst. Und das hat Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem. Stress und Ängste werden abgebaut. Verspannungen, Schmerzen und psychosomatische Beschwerden werden gelindert. Nervenimpulse steuern das Hormonsystem, und so kann es – abhängig von Art und Ort der Berührung zur Ausschüttung verschiedener Hormone kommen (Endorphine = Glückshormone, Sexualhormone etc.). Aber es sind nicht nur die Nervenzellen die über Trigger-Punkte und –Zonen (Trigger = Auslöser) entsprechende Vorgänge im Körper auslösen. Abhängig vom System der Berührung wirkt sie durch Tiefengewebsarbeit, Reflexologie, über die Lymphbahnen und Meridiane, bioenergetische Prozesse u.v.m. – es gibt halt die unterschiedlichsten Formen der heilsamen Berührung.
Streicheleinheiten öffnen Seele
Im psychotherapeutischen Kontext ist die Berührung ein wichtiges Kommunikationsmittel, mit dem wir direktere Botschaften übermitteln können als mit Worten. Oft ermöglicht die vorbereitende Körperarbeit erst die Verbalisierung im Rahmen der eigentlichen Therapiesitzung. Emotionale Blockaden können gelöst werden. Gerade die fernöstliche Medizin bezeichnet psychische Krisenzeiten als „Tor zur Veränderung“ und lehrt, dass gerade in solchen Lebensphasen Berührungsbehandlungen helfen.
Zärtlichkeit schützt vor Krankheit
In Krankenhäusern hat man festgestellt, dass Patienten, die in Form körperlicher Zuwendungen auf Operationen vorbereitet wurden, wesentlich weniger Angst hatten und schneller gesund wurden. Oder wenn wir traurig sind, oder wir nicht mehr weiter wissen, sehnen wir uns oft nach der Nähe unseres Partners, der Eltern oder unserer Freunde – und nach einer Umarmung. Vielleicht kommt in solchen Momenten etwas aus der frühesten Kindheit zurück, als wir als Babys auf dem Arm gehalten und gestreichelt wurden.
Ärztliche Untersuchungen belegen, dass Menschen, die lieben, seltener erkranken als die, die allein leben und nicht liebevoll umsorgt werden. Der Austausch von Zärtlichkeiten setzt Endorphine frei. Deshalb werden Liebende oft leichter mit dem Alltag fertig. Und: bei glücklichen Menschen steigt die Zahl der Abwehrzellen. Sie sind gegen Krankheiten einfach besser gefeit. So wird beim Schmusen der Kreislauf angeregt, die Organe werden besser durchblutet. Der Hormonhaushalt wird ins Gleichgewicht gebracht, indem die Geschlechtsorgane zur Hormonproduktion angeregt werden. Nach einem Liebesakt ist sogar der Schlaf erholsamer, weil das Gehirn mehr Serotonin ausschüttet. Serotonin sorgt für Entspannung und tiefen Schlaf.
Es ist erwiesen, dass selbst Pflanzen auf Zuspruch und Berührung sensibel reagieren. Je häufiger sie berührt werden, desto schöner wachsen sie. Um wie viel mehr reagiert erst der Mensch.